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Griechenland, Karamanlis, König Konstantin II. der Hellenen, König Paul I. der Hellenen, Königin Friederike von Griechenland, Kronprinz Paul von Griechenland, Papandreou
In Athen ist am 10. Januar 2023 im 83. Lebensjahr Seine Majestät König Konstantin II. der Hellenen gestorben. Er war Anfang des Jahres nach einem schweren Schlaganfall ins Hygeia-Krankenhaus in Athen eingeliefert worden. Doch auch die Behandlung auf der Intensivstation konnte dem König nicht das Leben retten.
„Einmal ein König – immer ein König!“ Bei Twitter wurde mit dieser trotzigen Aussage den zu erwartenden Formulierungen in den Nachrufen auf König Konstantin II. vorgebeugt, denn in den Nachrichten wird oft vom „ehemaligen“ oder „früheren“ Monarchen Griechenlands geredet. Richtig ist, daß er am 6. März 1964 die Nachfolge seines an diesem Tag verstorbenen Vaters, König Paul I. antrat und nie auf seine Rechte verzichtete. Eine Abdankung kam für ihn nie in Frage.
Er war zum Zeitpunkt der Thronfolge 23 Jahre alt und hatte bis dahin schon ein aufregendes Leben hinter sich. Geboren am 2. Juni 1940 als zweites Kind und erster Sohn des griechischen Kronprinzen Paul und seiner Frau, Kronprinzessin Friederike, geborene Prinzessin von Hannover (1917-1981), mußte er ein Jahr später vor den einfallenden deutschen Truppen der Wehrmacht fliehen. Zuerst suchte die Königsfamilie Schutz auf Kreta, danach in Ägypten und schließlich weit weg von europäischen Kriegsgeschehen, in Südafrika.
Erst 1946 konnten König Georg II. (1890-1947), das Kronprinzenpaar und seine Kinder – 1942 war noch Prinzessin Irene in Südafrika zur Welt gekommen – nach Griechenland zurückkehren. Dort kämpften nach dem 2. Weltkrieg die kommunistischen Partisanen gegen die royalistische Regierung und verwüsteten das arme Land weiter. Mitten in den Kämpfen starb König Georg II. am 1. April 1947, womit sein Bruder als König Paul I. (1901-1964) den Thron bestieg und Konstantin zum Kronprinzen bestimmt wurde.
Kronprinz Konstantin besuchte die Anavryta School in Athen und absolvierte die Militärakademien der drei griechischen Teilstreitkräfte und war auch in der juristischen Fakultät der Athener Universität eingeschrieben. Bei den XVII. Olympischen Spiele der Neuzeit gewann das Team von Kronprinz Konstantin eine Goldmedaille im Segeln für Griechenland – die erste für das Land seit 1912.
Der Tod König Pauls 1964 kam zur Unzeit, denn Griechenland durchlief eine Zeit der innenpolitischen Turbulenzen. Die lange Regierungszeit des konservatioven Premierministers Konstantin Karmanlis war vorüber und die Zentrumspartei des Georgios Papandreou gewann die Wahlen und schickte sich an, Griechenland umzugestalten. Das gefiel nicht allen, auch nicht dem Königshaus. Aber der gewiefte König Paul hätte es sicher geschafft, durch Verhandlungen mit allen Beteiligten, Kompromisse auszuarbeiten. Dem jungen König Konstantin fehlte die Erfahrung und es fehlten ihm die richtigen Berater.
Als am Morgen des 21. April 1967 aus Athen gemeldet wurde, Panzer seien in die Innenstadt gerollt, hätten Parlament und Königspalast umstellt, war klar, daß etwas Außergewöhnliches im Gange war. Putsch in Europa! Nicht wie in den 60ern üblich in Lateinamerika oder einem der jungen afrikanischen Staaten, sondern in einem Land, das den Deutschen immer nahe stand, an dessen staatlicher Wiedergeburt auch Philhellenen aus Deutschland mitwirkten. Und im Zentrum stand König Konstantin, der drei Jahre zuvor die Krone von König Paul I. geerbt hatte. Seine Mutter, Königin Friederike, die Tochter der Herzogin Viktoria Luise zu Braunschweig und Lüneburg, genoß als Enkelin Kaiser Wilhelms besondere Aufmerksamkeit in den deutschen Medien.
Die „Diktatur der Obristen“, die sich im April 1967 etablierte, nutzte geschickt den König und seine Unerfahrenheit, um sich als Retter des Vaterlands aufzuspielen. Sie isolierten die Königsfamilie in der außerhalb Athens gelegenen Residenz Tatoi, um in der Hauptstadt Verhaftungen vorzunehmen. Die Putschisten präsentierten dem König eine neue Regierung und die einzige Konzession, die er ihnen abringen konnte, war ein ziviler Regierungschef. Das Photo, das danach die Öffentlichkeit erreichte, hatte eine verheerende Wirkung. Es vermittelte den Eindruck, als ob Konstantin dem neuen Regime seinen Segen erteilt hätte.
Daß dem nicht so war, wurde deutlich im Dezember 1967, als der König mit einem Gegenputsch versuchte, die Demokratie wiederherzustellen. (Zum Scheitern der Unternehmen siehe den Corona-Blogeintrag vom 13. Dezember 2017.) Der König blieb formell Staatsoberhaupt, lebte aber im römischen Exil. Die Obristen fühlten sich 1973 sicher und wollten die Möglichkeit der Rückkehr des Königs ausschließen. Georgios Papadopoulos als Chef der Militärjunta schaffte durch ein Verfassungsgesetz am 1. Juli 1973 die Monarchie formell ab und versprach Parlamentswahlen. Am 29. Juli 1973 ließ Papadopoulos ein Referendum über eine reformierte Verfassung und über sich als einzigen Präsidentschaftskandidaten abhalten. (Mehr hier zum fingiertem Referendum, das die Abschaffung der Monarchie bestätigen sollte). Doch die Tage der nun voll republikanischen Diktatur ohne Königscamouflage waren gezählt. Das Scheitern eines von den Obristen inszenierten Militärputschs auf Zypern im Juli 1974, das zur Besetzung Nordzyperns durch das türkische Militär und zur bis heute andauernden Teilung der Insel führte, hatte am 24. Juli 1974 das Ende der Militärdiktatur zur Folge. An diesem Tag kehrte der frühere Premierminister Konstantin Karamanlis aus dem Exil zurück und wurde von Präsident Gizikis mit der Bildung einer Regierung beauftragt. Die Verfassung von 1952 wurde am 24. Juli 1974 zunächst wieder in Kraft gesetzt, wobei die Übergangsbestimmung eingefügt wurde, wonach der amtierende Präsident der Republik die Befugnisse des Königs wahrnahm. Aus dem Exil strömten Griechen zurück ins Land. Nur einem wurde dies verwehrt: Dem Anführer des Gegenputschs von 1967. König Konstantin durfte nicht nach Griechenland, als die provisorische Regierung von Konstantin Karamanlis ein weiteres Referendum über die Staatsform ansetzte.
Die Royalisten schnitten bei dieser Befragung zwar besser ab als unter den Diktatoren, dennoch reichte es am 8. Dezember 1974 nicht, um dem Land den König zurückzugeben. Das nachfolgende Exil in Großbritannien war für das Königspaar und seine fünf Kinder nicht einfach. Mit geringen Mitteln wurde versucht, die griechische Diaspora zu unterstützen. Vor allem um auch den eigenen Kindern eine griechische Erziehung zu bieten, wurde in London eine Schule gegründet. Bis 2004 wurde Konstantin nur zwei Mal gestattet, nach Griechenland zu reisen, darunter 1981 zur Beerdigung seiner Mutter in Tatoi. Sein Besitz wurde beschlagnahmt und die Kampagne gegen seine Person nahm ungeheure Ausmaße an.
Im persönlichen Bereich erlebte König Konstantin mehr Glücksmomente. Am 18. September 1964, ein halbes Jahr nach dem Tod seines Vaters, heiratete er Prinzessin Anne-Marie von Dänemark (*30. August 1946). Das Königspaar hat fünf Kindern das Leben geschenkt:
- Prinzessin Alexia, geboren 10. Juli 1965 in Mon Repos auf Korfu.
- Kronprinz Pavlos, geboren 20. Mai 1967 in Tatoi bei Athen.
- Prinz Nikolaos, geboren 1. Oktober 1969 in Rom.
- Prinzessin Theodora, geboren 9. Juni 1983 in London.
- Prinz Philippos, geboren 26. April 1986 in London.
Wie und wo der verstorbene Monarch zur letzten Ruhe gebettet wird, ist noch unbekannt. Für Griechenland wird es ein Lachmustest werden, wie sich das Land zu seiner Königsfamilie verhält. Kronprinz Pavlos, das neue Oberhaupt der Familie, steht vor schwierigen Entscheidungen. Ihm gehört unsere volle Stmpathie und es gilt für alle Mitglieder der griechischen Königsfamilie, daß sie unseres tiefempfundenen Beileids sicher sein kann.