Schlagwörter
9. November 1918, Deutsches Kaiserreich, Frankreich, Französische Revolution, Monarchie, monarchischer Gedanke, Monarchismus
Zum 9. November: Wider den angelsächsischen Liberalismus
Der 1. Weltkrieg, der zwei Tage nach dem Gang Kaiser Wilhelms II. ins holländische Exil am 9. November 1918 mit dem Waffenstillstand von Compiègne ein Ende fand, besiegelte auch den Untergang eines politischen Systems, welches ein funktionierendes Gegenmodell zum angelsächsischen parlamentarischen Liberalismus darstellte: die sozialkonservative deutsche Monarchie. Der größte Mangel an diesem System war es sicherlich, daß kaum einer der Zeitgenossen die deutsche Monarchie auch als eigenständiges und erhaltenswertes Modell definiert hat. Die Demokratien England und Frankreich hatten die modernen Ideen und die großen philosophischen Gedanken und Utopien auf ihrer Seite: Freiheit, Demokratie, Selbstbestimmung. Diese spiegelten sich selbst in US-Präsident Wilsons 14 Bedingungen für einen Frieden wider. Am Ende glaubten sogar die Deutschen, daß endlich alle Völker in Freiheit und selbstbestimmt ein besseres Leben führen könnten, wenn nur die Monarchie nicht mehr bestünde. Es ist dabei nicht so, daß es Freiheit und Selbstbestimmung auf deutscher Seite nicht gegeben hätte. Es gab in vielerlei Hinsicht im Deutschen Kaiserreich sogar mehr davon als bei den Kriegsgegnern. Doch wirkte das Kaiserreich gegen die von seinen Feinden wirksam propagierten Ideen wie ein Anachronismus und Deutschland wurde während des Krieges als ein rückständiges Volk von grausamen Barbaren dargestellt. Daß diese Barbaren erstmalig in der Geschichte ein funktionierendes System sozialer Sicherungen aufbauten, die niedrigste Analphabetenrate unter den Großmächten besaßen, führend in allen Wissenschaften waren und als einzige bedeutende Nation einen friedlichen Ausgleich zwischen Adel, Bürgertum und Arbeiterschaft herbeiführten, wird heute von der Mehrheit der Historiker unter negativer Konnotation als widernatürlicher „deutscher Sonderweg“ bezeichnet, dessen Ende zu Gunsten des angelsächsischen Weges ohnehin nur eine Frage der Zeit war.
Heute hat sich die angelsächsische Sicht nicht nur in der Politik, sondern auch in der Wirtschaft fast überall in der Welt durchgesetzt, obwohl auch nach dem Kaiserreich bis zum Vertrag von Maastricht 1992 Reste des deutschen Modells weiterbestanden. Haben Sie sich schon einmal gefragt, aus welchem Kulturkreis die Flexibilisierung von Arbeitsverträgen im Hinblick auf befristete Verträge und Zeitarbeit, die gigantischen Managerprämien, die Börsen-spekulationen ohne Grundlage in der Produktion oder die ständige Vereinfachung von Entlassungen kommen? Und wo wurde lange bei äußerst geringer Arbeitslosigkeit die Loyalität zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer gestärkt, gab es eine stillschweigende Kontrolle der Märkte durch Kartelle von Traditionsunternehmen, welche ausufernde Prämien und eine arbeitnehmerunfreundliche Entlassungspolitik verhinderte? Dies ist nur ein kleines Beispiel dafür, warum der noch immer für eine dogmatische Wahrheit genommene angelsächsische Weg nicht immer der richtige sein muß. Weitere Beispiele gibt es viele, doch würden sie hier den Rahmen sprengen.
Zusammenfassend kann dem deutschen Sonderweg gerade mit Blick auf das Versagen von Politik und Wirtschaft in unseren Tagen im Gegensatz zur Auffassung einiger Historiker sehr viel Positives abgewonnen werden. Unter den Kaisern wurde ein großes Maß an Freiheit ermöglicht, aber ohne größeren Zwang gleichzeitig so gezügelt, daß ein Ausgleich unterschiedlicher Interessen und gesellschaftlicher Schichten – zwischen allen Untertanen Seiner Majestät – möglich wurde. Der deutsche Sonderweg ist nicht von selbst gescheitert. Er ist durch äußere Gewalt beendet worden. In der Zeit der Finanz-, Schulden- und Wirtschaftskrise sollte er ein attraktives Modell darstellen, welches für Europa Lösungen und Auswege jenseits der eingefahrenen Wege bietet. L.R.
Neues Unwort: Monarchismus
Wann genau die Verwendung des Begriffs „Monarchismus“ seinen Anfang nahm, ist nicht klar. Sicher scheint, daß Wikipedia eine unrühmliche Rolle dabei spielte den Begriff einzuführen: „Monarchismus, ist die staatstheoretische Position zugunsten der Monarchie, des vererbbaren oder gewählten König– oder Kaisertums“ Das Historische Lexikon Bayerns definiert: „Monarchismus ist die Überzeugung von der Monarchie als legitimer und bester Staatsform. Dabei bilden paradoxerweise erst Revolution und republikanische Staatsform die Voraussetzung für das Entstehen einer monarchistischen Bewegung.“ Zwischen einer staatstheoretischen Position und einer Überzeugung besteht ein großer Unterschied.
Das ist die eine Seite, eine andere ist es, daß selbst Monarchisten den „ismus“-Terminus verwenden und sich scheinbar zu ihm bekennen (siehe: Eine Krone für Deutschland: Monarchismus in der Bundesrepublik). Über Jahrzehnte sprachen deutsche Monarchisten immer nur vom „monarchischen Gedanken“ und lehnten es ab, einem „ismus“ anzuhängen. Schließlich ist jeder „ismus“ negativ belastet, vom Anarchismus über Kommunismus und Sozialismus bis zum Nationalsozialismus oder dem gebräuchlichen Lobbyismus, selbst der Liberalismus kam inzwischen in Verruf. Von solchen Ideologien wollten Monarchisten nichts wissen. Anders als bei anderen „ismen“ kann auch kaum auf theoretische Schriften zurückgegriffen werden, die die monarchische Staatsform begründen. Die Monarchie ist eben eine natürliche Entwicklung, eine menschliche Staatsform, die sich schlecht in ein Korsett von Begriffen pressen läßt. Ihr besonderes Merkmal ist, daß die Monarchie in unendlich vielen Facetten existiert. Es gibt, gerade wenn man die Position Wikipedias einnimmt, keinen Denker, der eine staatstheoretische Position für deutsche Monarchisten verfaßt hätte. Alles, was Wikipedia aufbieten kann, sind englische Autoren, mit Ausnahme des Preußenkönigs Friedrichs II., der aber selbst von glühenden Preußenanhängern der Gegenwart kaum als Grundlage für ihren „Monarchismus“ herangezogen wird. Was Wikipedia als „Monarchismus der Gegenwart“ in Deutschland aufbietet, ist ein Sammelsurium, das sich um die „Diskussion der monarchistischen Kreise [dreht], ohne in den politischen Auseinandersetzungen der Bundesrepublik Deutschland eine nennenswerte Rolle zu spielen“. Wahrlich keine staatstheoretische Position.
Sieht man im französischen oder englischen Wikipedia unter „Monarchismus“ nach, wird deutlich, daß es hier keine übereinstimmende Definition des Begriffs gibt. Zudem kommt besonders für Francophone noch der Begriff des Royalismus hinzu, der zwar für Frankreich eine Größe hat, nicht jedoch für Großbritannien. Weshalb es pure Dummheit war, als australische Medien sich im Vorfeld der Hochzeit von Prinz William und Katherine Middleton über ihr Drowning in Royalism (Ersaufen im Royalismus) beklagten.
Einzig für Frankreich könnte gelten, daß es staatstheoretische Denker gab und gibt, die eine ideologische Basis für den monarchischen Gedanken gelegt haben. Nur in Frankreich, wo Royalisten seit 1793 im Widerstand gegen ein republikanisches, oft tyrannisches Regime stehen, hat sich eine Schule herausgebildet, die nicht auf Nostalgie oder dem Georg Lohmeier‘schen „‘S wär halt schöner, wenn wir einen Kini hätten“ beruht. Daß darunter auch Werke sind, die für deutsche Monarchisten schwer verdaulich sind, steht auf einem anderen Blatt.
Wikipedias Definitionen werden nicht aus der Welt zu schaffen sein, aber zumindest die deutschen Monarchisten sollten zum monarchischen Gedanken zurückkehren und den „Monarchismus“ denen überlassen, die davon keine Ahnung haben. H.S.
Die vollständige 87. Ausgabe von „Corona – Nachrichten für Monarchisten“ steht hier zum Herunterladen bereit: Corona 87
Inhalt:
Zum 9. November: Wider den angelsächsischen Liberalismus; Britische Thronfolgeregel wird neu gefaßt; Neues Unwort: Monarchismus; Forscherelite mit Wurzeln im Kaiserreich.
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