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Der nach dem Monarchisten Jahn benannte Friedrich-Ludwig-Jahn-Sportpark in Prenzlauer Berg soll wegen angeblich antisemitischer Bemerkungen des Turnvaters umbenannt werden. Allerdings stimmen die Behauptungen aus dem linken Lager vorne und hinten nicht. Wie immer geht es nur um die Tilgung der den Machthabern unbequemen deutschen Geschichte. Allerdings mehren sich die Gegenstimmen.
Eberhard Diepgen (CDU) spricht sich ebenso dagegen aus, wie Walter Momper (SPD), Stefan Kretschmer (AfD), der Autor Jan von Flocken, der Historiker Gerd Steins und der BZ-Kolumnist Gunnar Schupelius. Trotzdem will die rot-rot-grüne Mehrheit im Bezirk Pankow den Sportpark umbenennen.
Laut BZ erklärte Diepgen: „Personen der Geschichte haben ihre Schattenseiten. Bemerkungen des Turnvaters über Juden gefallen uns allen nicht. Jahn machen sie aber auch nach Sicht von Historikern nicht zu einem aus seiner Zeit fallenden extremen Judenhasser. Also lassen wir es beim Namen Jahn Sportpark.“
Momper sieht das ähnlich und berichtet: „Der Vorwurf, er sei ein „bekennender Antisemit“, ist unbegründet. Der Vorwurf wird darauf gestützt, dass Jahn 1815 ins Fremdenbuch der Wartburg eingetragen hatte: „Wälsche und wendische Helfer bringen uns immer tiefer ins Verderben“. Damit meinte Turnvater Jahn die Franzosen und die Russen. Antisemitische Turner in Österreich vereinnahmten Turnvater Jahn. Auch die Nazis nutzten das. Auch das Jahn-Zitat: „Polen, Franzosen, Pfaffen, Junker und Juden sind Deutschlands Unglück“ ist gefälscht. Die Autorin Eleonore Sterling hat es 1965 Turnvater Jahn in die Schuhe geschoben. Dabei stammte es zur Hälfte von Heinrich von Treitschke. Bis heute wird diese Fälschung wiederholt und verbreitet.“
Laut dem Schriftsteller und Historiker Jan von Flocken war er „der herrschenden Klasse zuwider wegen seines Patriotismus. Wegen seines ja man kann schon sagen glühenden Eintretens für die deutsche Einheit. Und jetzt haben wir das wieder, dass der Mann verfolgt wird.“
Auch der Historiker Gerd Steins ist gegen eine Umbenennung. Dem Tagesspiegel teilte er mit: „Die Vorwürfe, er sei ein „bekennender Antisemit“, sind aus wissenschaftlicher Sicht völlig unbegründet. Ich beschäftige mich seit gut 40 Jahren mit Jahn und habe in seinen Schriften keine dementsprechenden Sätze finden können. Selbst im neuen „Handbuch des Antisemitismus“ wird eine derartig unsinnige Behauptung über Jahn nicht aufgestellt.“
Und der Journalist Gunnar Schupelius erklärte in der BZ: „Friedrich Ludwig Jahn ist eine schillernde Persönlichkeit, die unsere Geschichte stark geprägt hat. Er war kein Verbrecher und auch kein Wegbereiter späterer finsterer Zeiten. Es wäre vermessen und töricht, seinen Namen zu entfernen. Man kann die Geschichte nicht nachträglich hinbiegen. Es wäre geradezu gespenstisch, wenn wir Persönlichkeiten aus unserer Erinnerung verbannen, weil sie sich im Sinne der heutigen Auffassungen politisch nicht korrekt verhielten. Wo fängt diese Bereinigung der Geschichte an und wo hört sie auf?“
Nur die linke Mehrheit im Bezirk ist anscheinend unbelehrbar und hält an ihren Plänen fest. Dabei übersehen die Abgeordneten das Gute, was Jahn in den Befreiungskriegen und im ersten gesamtdeutschen Parlament geleistet hat. Und sie sehen auch nicht, welche positiven Einflüsse Jahn auf die deutsche Romantik hatte.
Der Maler Caspar David Friedrich (1774–1840) stellte beispielsweise in seinem 1819 entstandenen Bild Zwei Männer in Betrachtung des Mondes den Turnvater zusammen mit dem Neubrandenburger Pastor Franz Christian Boll (1776–1818) dar. Es handelte sich um eines der Gedächtnisbilder für den verstorbenen Boll, welchem man auf dem Gemälde die etwas untersetzte Figur mit Umhang zuordnen kann. Die andere, sportlich wirkende Person ist aus den historischen Umständen heraus als Friedrich Ludwig Jahn in jungen Jahren, während seiner Hauslehrerzeit in Neubrandenburg, zu erkennen.
Christian Schwochert
Nachbemerkung:
Auβerhalb Berlins wird eleganter mit Straβen- und Schulnamen umgegangen, die nicht nach jedermanns Geschmack sind und/oder als anstöβig betrachtet werden. Im Stadtrat von Esslingen (bis 16. Oktober 1964 amtliche Schreibweise Eßlingen am Neckar) lehnte eine breite Mehrheit den Antrag ab, die Hindenburgstraβe in Clarastraβe umzubenennen.
Auch die SPD-Fraktion stimmte gegen die Umbenennnung. Wie die Stuttgarter Zeitung am 28. Juli schrieb, fand der SPD-Stadtrat Klaus Hummel „es sei außerdem an der Zeit, die alle paar Jahre aufflammende Umbenennungsdiskussion bei verschiedenen Straßen ein für alle Mal mit einer gemeinsamen Erklärung zu beenden. Er schlug einen Text vor nach Ravensburger Vorbild: „Straßenbezeichnung sind Ausdruck der historischen Entwicklung der Stadt und des jeweiligen Zeitgeistes (. . .) Straßennamen nach Personen mit zweifelhafter und widersprüchlicher Geschichte dienten ursprünglich deren Würdigung. Heute sind sie uns Mahnung und Erinnerung an unrühmliche Abschnitte der Geschichte. Wir wollen sie durch geeignete Maßnahmen kenntlich machen und kommunizieren. Dies gilt nicht für nationalsozialistische Gewalttäter.“