Monarchietheorie bei Gustav A. Canaval:
Monarchie – Nicht gestern, sondern morgen
Das letzte Mal, daß die Monarchie als politische Option in Mitteleuropa wenn auch nicht vom publizistischen Mainstream, so doch zumindest öffentlich wahrnehmbar und seriös diskutiert wurde, war in den 1950er Jahren. Eine der interessantesten, weil innovativsten monarchistischen Stimmen dieser Zeit war der österreichische Staatswissenschaftler und Journalist Gustav Adolf Canaval di Moneta (1898-1959), der sich bereits in der Zwischenkriegszeit bei verschiedenen konservativen Zeitungen – unter anderem der Reichspost und der Heimwehr-Zeitung Sturm über Österreich – einen Namen gemacht hatte. In seinem publizistischen und politischen Wirken, so etwa als Landessekretär der Ostmärkischen Sturmscharen in Niederösterreich, unterstützte Canaval den Aufbau des autoritären Ständestaates (1934-38). Für dieses Engagement zahlte er einen hohen Preis: Unmittelbar nach der Annexion Österreichs durch das Deutsche Reich wurde Canaval im März 1938 ins KZ Dachau verschleppt; seiner Ermordung noch kurz vor Kriegsende entging er nur knapp durch die Befreiung durch die Amerikaner. Im Herbst 1945 gründete Canaval gemeinsam mit Gleichgesinnten die Salzburger Nachrichten und wurde zu einer der profiliertesten journalistischen Stimmen in der jungen zweiten Republik. Politisch engagierte er sich in diesen Jahren im Umfeld der Münchner Abendländischen Akademie, einem konservativen Think-Tank, dem seine Gegner – trotz vorhandener Sympathien sicher zu unrecht – monarchistische Bestrebungen unterstellten.
Gustav A. Canavals Plaidoyer für die monarchische Staatsform erschien 1956.
1956 veröffentlichte Canaval unter dem Titel Monarchie – Nicht gestern, sondern morgen einen schmalen, später wegen seiner europäischen Stoßrichtung auch ins Spanische übersetzten Band, den man wohl als sein politisches Vermächtnis betrachten kann. Angesichts der totalitären Bedrohung – der Kommunismus hatte gerade erst den Nationalsozialismus abgelöst – begegnete Canaval dem ausufernden Machtstaat sowohl diktatorischer, als auch demokratischer Ausprägung mit größter Skepsis. Die Überzeugung von der Unumgänglichkeit eines radikalen Neuanfangs für die Völker Europas erklärt seine distanzierte Haltung auch zur monarchischen Vergangenheit. Dementsprechend verwahrte er sich gegen die Vorstellung von einer bloßen Restauration, sondern sprach von der notwendigen Instauration einer neuen Art von Monarchie, wenngleich diese freilich auf alteuropäischen Traditionen zu fußen habe.
Königsherrschaft war für Canaval ohne Rückbindung an die Religion nicht denkbar. Quelle der Souveränität sei Gott allein, doch werde sie dem Monarchen im Krönungsakt durch das Volk verliehen. Salbung und Weihe verhinderten jedoch, daß sie auf gleichem Wege wieder genommen werden könne. Dennoch sah er für die Zukunft den Gegensatz zwischen Monarchie und Republik nicht als den entscheidenden an, und es widersprach keineswegs seinem Selbstverständnis als Monarchist, 1957 das Große Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich anzunehmen. Seine besonders scharfe Kritik galt vielmehr der von ihm sogenannten Formaldemokratie, in der sich die Parteien widerrechtlich ein Monopol auf die politische Willensbildung angeeignet hätten. In der Monarchie obliege es den Abgeordneten, den souveränen König zu beraten und zu kontrollieren. Mit der angeblichen Übertragung der Souveränität auf das Volk, de facto also auf das Parlament, werde diese Kontrollfunktion jedoch ad absurdum geführt. Um die Volksvertretung auf ihre ursprüngliche Aufgabe zurückzuführen, schlug er eine Verringerung der Zahl der Parlamentarier sowie ihre Auswahl nach berufsständischem sowie regionalem Hintergrund vor. Auch die Gesetzgebung müsse den Parteien – und damit bloßen Interessengruppen – entrissen und in die Hände des Monarchen und seiner kompetenten juristischen Berater gelegt werden, ohne freilich die Zustimmung des umgestalteten Parlaments überflüssig zu machen.
Canaval war kein Legitimist, mit Erzherzog Otto verband ihn eher die Vision von einem vereinten Europa, als die Anhänglichkeit an das Haus Habsburg. Darüber, wie die neue Monarchie zu schaffen sei, oder über einen möglichen Thronprätendenten machte sich Canaval keine Gedanken. Vielmehr scheint er überzeugt gewesen zu sein, den Lauf der Geschichte auf seiner Seite zu haben. Vielleicht erweisen ja die kommenden Jahre, ob er richtig lag…
T.G.
Entweder bleibt der wesentliche Teil der Welt – das Abendland – bei der Vorherrschaft seiner Parlamentsdemokratien mit ihren anonymen Nebenregierungen und totalitären Machtbürgern – und dann werden sich diesen gegenseitig samt der beherrschten Menschheit vernichten – oder man ordnet sie dem Rechtsstaat der Zukunft samt Oberhaupt mit Transzendenzbindung und Volksvertrag unter, dann hat man die moderne Monarchie und wird mit ihr leben, weil sie allein anpassungsfähig ist und Kriege verhindern kann. – G. A. Canaval
Ist außerparlamentarische Protestkultur für Royalisten geeignet?
Demonstrationen bekommen gegenwärtig wieder eine höhere Bedeutung. Dies mag daran liegen, daß die nationalen Regierungen und die EU nicht in der Lage sind, die Probleme unserer Zeit zu lösen, beziehungsweise sie überhaupt als Probleme anzuerkennen: Finanzkrise, Jugendarbeitslosigkeit, Asylkrise, Terrorismus, etc. In Deutschland kommt noch hinzu, daß die letzte Bundestagswahl mit FDP und AfD, die beide nur knapp an der 5%-Hürde scheiterten, eine große Zahl Deutscher ohne parlamentarische Vertretung beließ. Dies alles hat zu einem rapide sinkenden Vertrauen zu den politischen Vertretungen in die verschiedenen regionalen, nationalen und supranationalen Parlamenten geführt und treibt die Bürger in Europa spontan auf die Straße. Opposition ist heute (wieder) außerparlamentarisch.
Die Staaten versuchen, bei diesem Trend mitzumachen, indem sie auf Spontandemos mit Staatsdemos antworten, was den einen oder anderen an andere Zeiten erinnern mag. Sekundiert werden sie dabei von den Medien: Nach den Anschlägen auf Charlie Hebdo sahen sich die Leitmedien Europas bekanntlich dazu veranlaßt, eine von Präsident François Hollande organisierte Demonstration, an der neben europäischen Regierungsvertreter kaum jemand teilnahm, durch zurechtgeschnittene Fotos so zu manipulieren, daß der Eindruck entstand, Europas Staats- und Regierungschefs hätten volksnah mit den Bürgern gemeinsam spontan ein Zeichen gegen den Terrorismus setzen wollen. Ähnliches lieferte Kanzlerin Merkel bei einer Demonstration gegen Antisemitismus, die auch entsprechend zurechtgeschnitten wurde. Konsequenz dessen war aber nicht eine steigende Unterstützung für die staatliche Politik, sondern eher ein Vertrauensverlust in die Medien.
Wie schlagen sich die Royalisten bei diesen Entwicklungen? Wenn Rumäniens Königsfamilie irgendwo auftritt, sind verzerrende Darstellungen nicht nötig. Gegenwärtig begehen sie den 150. Jahrestag der Ankunft der königlichen Familie in Rumänien. Zu diesem Anlaß fahren Prinz Radu und Kronprinzessin Margarita im Zug auf der selben Strecke durch das Land, die der erste rumänische König, Carol I., welcher seine Regierung als Fürst am 10. Mai 1866 antrat, einst in das Land genommen hatte. Überall an den Bahnhöfen, wo die königliche Familie halt machte, wurde sie von Tausenden Rumänen aller Altersgruppen begrüßt. In einer Zeit, wo normaler-weise nur Popstars oder Leistungssportler die Menschen in größeren Zahlen auf die Straße bringen können, ist dies doch bemerkenswert. Videos von der Ankunft der königlichen Familie in verschiedenen Städten gibt es auf youtube.
In Frankreich nicht nur bei Royalisten beliebt: Per Plakat werden Überzeugungen kundgetan.
Die Action Française sprengte neulich eine Versammlung von Asylanhängern der sozialistischen Partei und bekam durch die anschließenden Verbotsforderungen der Gruppierung durch die Sozialisten eine mediale Aufmerksamkeit, die der Gruppierung aufgrund ihrer recht kleinen Anhängerschaft eigentlich nicht zustehen würde. In Nepal brachte der monatelange Protest der Royalisten wenn auch nicht die Rückkehr der Monarchie, dann aber doch eine Regierungsbeteiligung. In Brasilien waren die Royalisten schließlich stets bei den Protesten gegen die unter Korruptionsverdacht stehende Präsidentin Dilma Rousseff zugegen, und zeigten medienwirksam die alte brasilianische Kaiserfahne.
Der zweite in der brasilianischen Thronfolge, Dom Bertrand von Orléans-Bragança, hatte keine Berührungsängste, sich mit Demonstranten und ihren kaiserlichen Fahnen photographieren zu lassen.
In Deutschland gibt es momentan keine ähnlichen Trends von Royalisten zu vermelden, obwohl man sicher nicht sagen kann, daß es keine Demonstrationen gäbe. Der Verfasser kann sich nur an das Jahr 2009 erinnern, wo Unbekannte zu Ehren des 150. Geburtstages Kaiser Wilhelms II. einen Kranz mit der Aufschrift „seinen Kaisern und Helden. Das geheime Deutschland” am Kronprinzenpalais in Berlin niederlegten. Das Beispiel zeigt, daß kreative und spontane Aktionen als Protest gegen die herrschende Parteinclique, die die Probleme der Bevölkerung aus den Augen verloren hat, auch von Royalisten gefragt sind und Öffentlichkeit erzielen können. Es bleibt also die Frage im Raum: Wer von uns traut sich? L.R.
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Die vollständige 158. Ausgabe von „Corona – Nachrichten für Monarchisten“ steht hier zum Herunterladen bereit:
Corona – Nachrichten für Monarchisten, Ausgabe 158
- Monarchietheorie bei Gustav A. Canaval: Monarchie – nicht gestern, sondern morgen
- Fernsehkritik: Kaiserkinder im ZDF
- Ist außerparlamentarische Protestkultur für Royalisten geeignet?
- Tonga feiert 170 Jahre christliche Monarchie
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