Schlagwörter
1. Weltkrieg, Buchbesprechung, Christopher Clark, Corona, Haus Wittelsbach, Herzog Franz von Bayern, Japan, Kaiser Wilhelm II., König Carl XVI. Gustaf, König Gustaf VI. Adolf, Kurpfalz, Prinz Ludwig von Bayern, Prinzessin Hisako Takamado, Rezension, Schweden
Vierzigjähriges Thronjubiläum in Schweden
„Der König ist tot – Es lebe der König!“ Als die Schweden am 15. September 1973 die Proklamation hörten und alle Kirchenglocken im Land eine halbe Stunde lang läuteten, trauerte die Bevölkerung um „einen großen König“ (so eine damalige Schlagzeile). Seit 29. Oktober 1950 hatte König Gustaf VI. Adolf die Krone Schwedens getragen und die Erbfolge übersprang eine Generation, weil Erbprinz Gustaf Adolf am 26. Januar 1947 bei einem Flugzeugabsturz in Dänemark ums Leben kam. Der neue König Carl XVI. Gustaf wurde als dessen Sohn am 30. April 1946 geboren. (Zu Einzelheiten der Erbfolge siehe Corona vom 18. März 2013).
Vor 40 Jahren begleitete den neuen König eine skeptische Öffentlichkeit. Ein Phänomen, das fast alle Thronfolger umgibt: Die amtierenden Monarchen werden geschätzt, verehrt, geliebt und man kennt sie in– und auswendig. Den Jungen wird fast immer weniger zugetraut oder man hegt eben Zweifel, ob sie so gute Arbeit leisten könnten wie die Alten. Prinz Charles kann ein Lied von dieser Skepsis singen. Dabei sind wohlvorbereitete Kronprinzen in europäischen Monarchien heutzutage nie schlechter als ihre Vorgänger.
König Carl XVI. Gustaf wählte als Motto für seine Regentschaft „För Sverige – I tiden“ (Für Schweden – mit der Zeit). Er setzte sich damit von seinem Großvater ab, den in seiner Regierungszeit das Motto „Plikten främför allt“ (Oberstes Gebot ist die Pflicht) begleitete. Die Zeiten wurden anders, denn kurz nach dem Monarchenwechsel entzog die schwedische Verfassung dem König die letzten politischen Rechte. 1971 hatte die seit 1932 regierende Sozialdemokratie ihre absolute Mehrheit genutzt, um die Thronrede abzuschaffen, zu der sich – wie in Großbritannien – die Abgeordneten um den König versammelten. Bei Regierungsbildungen verzichtete man auf die Ratschläge des Monarchen und der Parlamentspräsident übernahm die Aufgabe, die Konsultationen der Parteien zu organisieren. Dem König wurde das Recht genommen, bei wichtigen Regierungssitzungen im Staatsrat den Vorsitz zu führen und Gesetze gegenzuzeichnen. König Carl Gustafs Funktion wurde als „Symbol für das Land“ umschrieben und er galt fortan nicht mehr als „König von Gottes Gnaden“. Doch trotz dieses Machtverlusts erfreut sich der Monarch einer breiten Popularität und die bei ausländischen Fernsehanstalten so beliebten schwedischen Republikaner kommen über eine Zustimmungsrate nicht hinaus, die in dem Bereich liegt, wie sie deutsche Monarchisten erzielen. 1976, ein Jahr nach Inkrafttreten der neuen Verfassung wurden die Sozialdemokraten nach 44-jähriger Herrschaft übrigens abgewählt.
Eine weitere Besonderheit weist das Datum 15. September 1973 auf: Als der alte König starb, wurde in Örebro Daniel Westling geboren. Heute ist Prinz Daniel mit Kronprinzessin Victoria verheiratet und kann mit seinem Schwiegervater einen 40. Jahrestag feiern. H.S.
Buchtip: Die Schlafwandler
Der Historiker Christopher Clark hat es wieder getan. Nach seinen Büchern über Preußen und Wilhelm II. hat er ein neues Buch geschrieben: Die Schlafwandler (Die Schlafwandler. Wie Europa in den Ersten Weltkrieg zog; ISBN: 978-3-421-04359-7; 39,99 €). Wie der Untertitel schon sagt, behandelt es die Entwicklungen und Motive, die Europa in den 1. Weltkrieg führten. Das Erscheinen des Buches ein Jahr vor der einhundertsten Wiederkehr der Ermordung von Erzherzog Franz Ferdinand und des anschließenden Kriegsausbruchs wird den Verkaufszahlen auf dem umkämpften Büchermarkt dabei sicher nicht abträglich sein und schon jetzt feiern die Zeitungen das Buch.
In der deutschen Beschreibung, mit der Die Schlafwandler unter anderem bei Amazon und Weltbild angepriesen wird, heißt es:
„Bahnbrechende neue Erkenntnisse über den Weg in den Ersten Weltkrieg 1914.
Lange Zeit galt es als ausgemacht, dass das deutsche Kaiserreich wegen seiner Großmachtträume die Hauptverantwortung am Ausbruch des Ersten Weltkriegs trug. In seinem bahnbrechenden neuen Werk kommt der renommierte Historiker und Bestsellerautor Christopher Clark (Preußen) zu einer anderen Einschätzung.“
Neu sind die Thesen Clarks, wonach alle europäischen Staaten schuld sind, weil sie die Wirkung der neuen Waffen und auch die politische Situation unterschätzt hatten und dachten, ein Krieg könne regional begrenzt oder schnell gewonnen werden, jedoch keinesfalls. Sie waren eigentlich auch schon bald nach dem 1. Weltkrieg Konsens und blieben dies außerhalb von Deutschland im Grunde bis zum heutigen Tage. Nur in Deutschland setzte sich zeitweilig die Ansicht des Historikers und früheren NSDAP-Mitgliedes Fritz Fischer durch, wonach Deutschland mit dem „Griff nach der Weltmacht“ die Hauptschuld gehabt haben solle. Jedoch gilt diese These auch in deutschen geschichtswissenschaftlichen Kreisen schon länger als überholt und man kehrte zur alten Version der Schuld aller zurück, die auch Clark jetzt wieder aufgreift. Nur in vielen schlecht recherchierten Artikeln der deutschen Presse oder Fernsehsendungen wird noch gebetsmühlenartig Deutschlands Hauptschuld gepredigt, wohl auch aus Gründen der Volkserziehung zu einem Verfassungspatriotismus, der kein gutes Haar an Deutschlands früherer Geschichte lassen möchte, um die Bundesrepublik in einem besseren Licht erscheinen zu lassen.
Clark gebührt trotzdem Dank für sein Buch: Durch seine Popularität in der Welt der Geschichtswissenschaftler trägt er unmittelbar vor dem neuralgischen Jubiläum des Kriegsausbruchs dazu bei, die längst anerkannten ge-schichtswissenschaftlichen Thesen von der Schuld aller einem breiten Publikum zugänglich zu machen. Dies ist sicher mehr als ein Tropfen auf den heißen Stein. Es ist für den Umgang der Deutschen mit der Vergangenheit bezeichnend, daß erst ein Australier kommen mußte, um dies zu bewerkstelligen. L.R.
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Die vollständige 119. Ausgabe von „Corona – Nachrichten für Monarchisten“ steht hier zum Herunterladen bereit:
Corona – Nachrichten für Monarchisten, Ausgabe 119
Inhalt der 119. Ausgabe:
- Vierzigjähriges Thronjubiläum in Schweden
- Tokio siegt dank Kaiserhaus trotz Fukushima
- Buchtip: Die Schlafwandler
- Mannheimer Ausstellung: Die Wittelsbacher Jahrhunderte prägen bis heute
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