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Belgien, François Hollande, Frankreich, Französische Republik, König Philippe I. der Belgier, Königin Mathilde, Königreich Belgien, Monarchie
Seit Mai 2012 amtiert als französischer Staatspräsident François Hollande. Nie zuvor hatte er einen Ministerposten bekleidet oder war irgendwie mit der Verwaltung eines Ministeriums beschäftigt. Als Erster Sekretär der Sozialistischen Partei (1997 – 2008) hatte er wohl noch am ehesten politisch-administrative Führungsaufgaben. Mit seiner Amtsführung sind 2016 – nach knapp vier Jahren als Staatsoberhaupt – noch 10% der Franzosen zufrieden.

Der unpopulärste Präsident der 5. Republik: François Hollande als Aufmacherthema in der Zeitung L’Opinion vom 18. April 2016
Die Unzufriedenheit mit dem Präsidenten überträgt sich auch auf seinen Premierminister, Manuel Valls:

Im April 2016 waren noch 14% mit François Hollande zufrieden, 85% unzufrieden, ebenfalls unzufrieden zeigten sich 74% der Befragten mit der Arbeit von Regierungschef Valls.
Ganz anders im Nachbarland Belgien, wo am 21. Juli 2013 ein neuer Monarch inthronisiert wurde. Die belgischen Medien haben nun eine 1000-Tage-Bilanz vorgelegt und festgestellt, wie zufrieden die Belgier mit König Philippe I. der Belgier sind. Im Gegensatz zur französischen Republik sind die Belgier mit ihrem Staatsoberhaupt sehr zufrieden: 69% erklärten dies bei einer Befragung, nur 31% setzten kein Vertrauen in ihn:
Noch höher fiel die Zustimmung zum Königspaar aus. 77% der Belgier erklärten, König Philippe und Königin Mathilde hätten gut auf den Terroranschlag in Brüssel am 22. März reagiert:
Es bewahrheitet sich, was Corona bereits im November 2015 in bezug auf das krisengeschüttelte Frankreich schrieb: Die Republik ist die Antwort schuldig geblieben.
Auch wenn mich als Befürworter einer parlamentarischen Monarchie, hohe Zustimmungswerte für die Monarchie in einem Land natürlich freuen und ich mich ebenso darüber freue wenn beispielsweise auch bei uns die Zahl an Monarchiebefürwortern zumindest nicht sinkt, so bin ich bei Vergleichen wie dem hier gemacht aus wissenschaftlicher Sicht doch eher vorsichtig.
Hier werden im Grunde einfach die Umfragewerte von einem Staatsoberhaupt zu einem anderen gegenübergestellt und daraus Schlüsse gezogen für die Zustimmung zu einer Staatsform.
Ja ok, in Belgien kann man daraus auch die Frage Monarchie ja oder nein rauslesen, aber in Frankreich? Ist das Urteil über die Beliebtheit von Präsident Hollande nun ein persönliches Urteil gegen Ihn selber, gegen die aktuelle Regierungspolitik oder gegen die republikanische Staatsform.
Ebenso ist auch nicht zu vergessen, dass es zwar beides Staatsoberhäupter sind, der Französische Staatspräsident aber im gegensatz zum König der Belgier noch weit mehr exekutive Funktionen war nimmt und quasi als der eigentliche Regierungschef wahrgenommen wird.
Was uns diese beiden Umfragen sagen das der König der Belgier beim Volk aktuell beliebt und der Präsident der Republik Frankreich beim Volk aktuell unbeliebt. Was es aber definitiv nicht sagt, ist wie die Franzosen über eine Wiedereinfürhung der Monarchie denken. Und auch bei Belgien muss man vorsichtig sein. Ist es wirklich eine Aussage zur Monarchie als Staatsform oder eine zum aktuellen König?
Trotzdem wäre aus meiner Sicht eine wirklich wissenschaftliche Untersuchung nach zustimmungswerten zu einer parlamentarischen Monarchie – das müsste man dann konkretisieren – in diversen europäischen Ländern sehr interessant. Wobei dann sowohl Monarchien als auch Republiken in den Blick genommen werden sollten. Wobei es auch da eines ausgeglügelten Forschungsdesigns bedarf.
Es ist richtig, staatspolitisch gesehen war der Vergleich zwischen dem Oberhaupt der französischen Republik und dem des Königreichs Belgien nicht korrekt. Jemand mit Exekutivgewalt setzt sich leichter der Kritik aus, als jemand, der weitgehend nur repräsentative Aufgaben wahrnimmt. Aber selbst die geringen politischen Rechte des belgischen Königs, der laut belgischer Verfassung Teil der Exekutive und der Legislative ist, sind manchen Politikern ein Dorn im Auge. Die flämische Separatistenpartei N-VA, die auch an der belgischen Bundesregierung beteiligt ist, hat am 13. April einen Plan vorlegte, dem Monarchen auch noch seine letzten politischen Rechte zu nehmen. Der Präsident der 5. Republik zeichnet sich durch eine Machtfülle aus, die z. B. kein britischer Monarch mehr seit dem 19. Jahrhundert innehat. Ein französischer Präsident kann den Premierminister nach seinem Gusto auswählen (und er bleibt so lange im Amt, bis der Präsident ihm das Vertrauen entzieht oder ihn ein Mißtrauensvotum in der Nationalversammlung stürzt, was aber selten vorkommt), das stand vielleicht noch Kaiser Wilhelm II. zu, aber selbst Königin Victoria, die 1837 auf den Thron kam, mußte sich von ihrem geliebten Premierminister Melbourne trennen, als er 1841 die Wahlen verlor. König Philippe in Belgien bleibt nur das Recht – und die Pflicht -, den Premierminister zu vereiden, der aus Koalitionsverhandlungen mit einer parlamentarischen Mehrheit hervorgeht. Übrigens gab es nicht nur zum 1000. Tag der Regentschaft König Philippes eine Meinungsumfrage, sondern auch schon zum 500. Regierungstag. Und nach der Tageszeitung La Dernière Heure sagten im Dezember 2014 70% der befragten Flamen, sie seien mit König Filip zufrieden (« 70% des Flamands lui font confiance. »)
Wenn es also soviel einfacher für ein repräsentatives monarchisches Staatsoberhaupt ist, beliebt zu sein – weshalb besinnt man sich nicht auf diese ideale Lösung für ein demokratisch strukturiertes Gemeinwesen?
Was „die“ Franzosen zur Wiedereinführung der Monarchie sagen, wurde nicht erfragt. In Corona wurde auf drei deutsche Meinungsumfragen zur Monarchie verwiesen, in Frankreich gab es nur eine im Januar 2014, die vage die Sympathien für einen richtigen Monarchen im Gegensatz zum republikanischen Ersatzmonarchen erkennen ließen:
„Valeurs actuelles zeigt sich darüber erstaunt, daß Ceviprof auch nach Alternativen zum etablierten System frug. Dabei fand die Hälfte der Befragten („pas moins de 50 % des Français“), es wäre sehr gut oder gut, wenn es in Frankreich ein politisches System gäbe, an dessen Spitze „ein starker Mann“ stünde, der sich weder um Parlament noch um Wahlen kümmern müßte. Ausdrücklich wird hier jedoch zwischen einem König oder einem Diktator unterschieden.”
Leider deutet momentan alles eher darauf hin, daß in der bestehenden Republik eine vermeintlich „starke Frau“ gewählt wird. Umfragen zeigen, daß bei einer Stichwahl zwischen François Hollande und Marine Le Pen bei den Präsidentenwahlen 2017 letztere am Amtsinhaber vorbeizieht. Nur der frühere Premierminister Alain Juppé, der sich um die Nominierung in der Opposition bemüht, würde in einer Stichwahl die Vorsitzende des Front National besiegen.
Die Anregung, eine „wirklich wissenschaftliche Untersuchung nach Zustimmungswerten zur Monarchie“ durchzuführen wurde zumindest in bezug auf das Königreich der Niederlande geleistet. Corona berichtete in seiner 59. Ausgabe vom 4. April 2010:
Die wissenschaftliche Begutachtung moderner konstitutioneller Monarchie ist an deutschen Universitäten eher eine Seltenheit. Die nach Kaiser Wilhelm II. benannte Westfälische Wilhelms-Universität in Münster lieferte die Ausnahme von der Regel. Im Februar 2010 veröffentlichte sie zusammen mit NiederlandeNet eine beachtenswerte Untersuchung der niederländischen Monarchie, die 2015 auf ihr 200-jähriges Bestehen zurückblicken kann.
Große Jubiläen werfen ihre Schatten voraus. Im Rahmen der Vorstellung der Geographie und Geschichte, der Kultur, Bildung und Forschung, der Politik und des Rechtswesens nimmt die Monarchie in dieser Arbeit eine zentrale Rolle ein. Neben den Stammvätern der Dynastie erfahren alle modernen Monarchen eine ausführliche Würdigung.
Besonders lobenswert sind die Ausführungen zur Rolle des Monarchen im Staatsgefüge und im politischen Leben der Niederlande. „Es stellte sich bei eingehenderen Forschungen heraus, daß die symbolische Seite der Monarchie im 19. und 20. Jahrhundert eine neue, wichtige Bedeutung erhalten hatte, und es entwickelte sich ein neues Interesse an der Geschichte der Monarchie.“
„Die Monarchie ist auch eine demokratische Institution, wenn man unter ihr eine populäre Institution versteht, viel populärer als die Zweite Kammer des niederländischen Parlaments und die politischen Parteien. Bei Umfragen sind zumeist weit über 80 % der Bevölkerung für eine Beibehaltung der Monarchie. In diesem Sinne ist die Monarchie auch ein guter Anknüpfungspunkt, um über die Frage nachzudenken, was wir eigentlich unter Demokratie verstehen …„
Vielen Dank für die weiteren Informationen. Passt zwar nicht ganz zu dem Artikel, aber wissen Sie vielleicht iw – vor dem Hinblick der Proteste gegen die Präsidentin und ein mögliches Amtsenthebungsverfahren – die Situation in Brasilien hinsichtlich der Frage aussieht ob man sich da eine Monarchie wiedervorstellen kann oder ob es da z.B. ersthafte Überlegungen gibt? Ich weiß nur das es auf den Demonstrationen auch Flaggen des alten Kaiserreiches gab und auch das es Monarchisten in Brasilien gibt aber so ganz direkt. Gab es da mal Umfragen oder so und weiß man wie dort theoretisch das alte Herrscherhaus zu einer solchen Frage stehen würde?
Es stimmt, es sind viele Flaggen des Kaiserreichs bei den Demonstrationen in Brasilien geschwungen worden. Die letzten Umfragen in Brasilien sagen, daß „mehr als 20%“ der Menschen für eine parlamentarische Monarchie votieren würden, gäbe es ein Referendum. Aber es wäre noch ein weiter Weg, um ein Referendum auch zu gewinnen. Und dann käme mit Sicherheit die Frage des Prätendenten auf, denn immer dann, wenn plötzlich gute Aussichten bestehen, tauchen die Profiteure auf, die sich ihr Stück vom Kuchen holen wollen. Wir kennen das aus Rumänien, Italien oder Portugal und auch in Deutschland gibt es ja einen, der sich immer wieder vor den Chef des Hauses Hohenzollern schiebt und sich ins Spiel bringt.