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Das Sekretariat des rumänischen Königshauses veröffentlichte am 5. Dezember eine Erklärung, die mit dem Satz begann:

Seine Majestät König Michael I. von Rumänien starb heute, 5. Dezember 2017 um 12 Uhr in Genf in der Schweiz.

Das rumänische Fernsehen strahlte diesen Nachruf in Bildern (ohne Worte) aus:

Am Nachmittag veröffentlichte Kronprinzessin Margareta von Rumänien nachstehende Erklärung, mit der sie versprach, sein Werk fortzuführen.


Mit König Michael starb das letzte aktive Staatsoberhaupt des 2. Weltkriegs. Das letzte noch lebende Staatsoberhaupt von allen, König Simeon II. der Bulgaren, bestieg 1943 als Sechsjähriger den Thron, führte aber nicht die Amtsgeschäfte. Für ihn regierte ein Regentschaftsrat, dessen Mitglieder Prinz Kyrill, Bogdan Filow und Nikola Mikhow am 2. Februar 1945 von den neuen kommunistischen Machthabern erschossen wurden. Die Rote Armee sorgte auch in Rumänien dafür, daß die Kommunisten an die Macht kamen, aber König Michael blieb im Land und konnte sogar weiter als König des Landes amtieren.

Diese besondere Situation verdankte er zum Teil seinem außerordentlichen persönlichen Mut, denn am 23. August 1944 verhaftete er den rumänischen Diktator Marschall Ion Antonescu und wechselte die Seiten. Das Königreich Rumänien erklärte dem Deutschen Reich den Krieg und wurde von einem Kriegsgegner der Sowjetunion zu deren Verbündeten.

Dies ist nur eine Episode seines durch viele bemerkenswerte Wechselfälle gekennzeichneten Lebens. Als Prinz Michael von Rumänien aus dem Haus Hohenzollern-Sigmaringen am 25. Oktober 1921 geboren wurde, waren seine Eltern, Kronprinz Carol und Kronprinzessin Elena, Tochter der griechischen Königs Konstantin I., nicht eben glücklich verheiratet. Der Kronprinz hatte zuvor ohne die Einwilligung seines Vaters und des rumänischen Parlaments Zizi Lambrino geheiratet. Vom Obersten Gerichtshof Rumäniens wurde die Ehe annuliert, so daß die Verbindung zum griechischen Königshaus, die für die Balkanmonarchien von Bedeutung war, geknüpft werden konnte. Aber Carol zeigte weiterhin wenig Interesse an den Pflichten als künftiger König. 1925 verzichtete er auf seine Thronrechte und verließ das Land. Als König Ferdinand I. 1927 starb, wurde der gerade fünfjährige Enkel als Michael I. (Mihai) zu seinem Nachfolger proklamiert.

Durch einen Staatsstreich, der von Premierminister Iuliu Maniu im Juni 1930 inszeniert wurde, konnte Carol aus dem Ausland zurückkehren und das Parlament erklärte ihn zum König, Michael wurde wieder zum Kronprinzen. Nur zehn turbulente Jahre währte die Herrschaft Carols und am 6. September 1940 dankte er erneut ab und sein Sohn wurde zum zweiten Mal König von Rumänien. Niemand hatte den stillen jungen Mann ernst genommen, aber König Michael manövrierte geschickt durch die Kriegsjahre. Beigestanden hat ihm dabei besonders seine Mutter, Königin Elena, die sich bei der Rettung rumänischer Juden verdient gemacht hat und 1993 mit dem Ehrentitel als „Gerechte unter den Völkern“ ausgezeichnet wurde.

Dem König war 1945 nicht bewußt, daß sich Churchill und Stalin darauf geeinigt hatten, ihre Einflußsphären auf dem Balkan aufzuteilen: Rumänien sollte zu 90% unter sowjetischem und Griechenland zu 90% unter britischem Einfluß stehen. Michael hatte keine Chance, aber er nutzte sie.  Ein britischer Diplomat schrieb 1945: „Michael is the only person who may be able to pull the country through the coming months and save it from anarchy or communism.” Although constantly disappointed by the west’s failure to act and bullied by the notorious Andrei Vyshinsky, the prosecutor of Stalin’s 1930s show trials, Michael was the last monarch to abdicate from behind the Iron Curtain. In the face of Russian intimidation and intrigue he opted to go on strike, refusing to sign any royal decrees while he pressed Washington and London to act. Help was not forthcoming.

Im November 1947 nahm er in London an der Hochzeit von Prinzessin Elizabeth und Prinz Philip teil. Er traf dort auch Prinzessin Anna von Bourbon-Parma und teilte nach seiner Rückkehr am 21. Dezember 1947 der rumänischen Regierung seine Heiratsabsichten mit. Die kommunistische Regierung war nicht davon erbaut, daß die Königsfamilie ihre fortdauernde Präsenz in Rumänien plante und drängte König Michael zur Abdankung. Er lehnte ab. Erst als die Regierung drohte, tausend inhaftierte Studenten erschießen zu lassen, unterzeichnete der Monarch am 30. Dezember 1947 das Dokument. Er widerrief es später im Exil, weil es unter Gewaltandrohung zustande kam und damit illegal war.

Am 3. Januar 1948 verließen er und seine Mutter Rumänien, das zur Volksrepublik erklärt wurde, per Zug. Die kommunistische Propaganda dichtete ihnen an, sie hätten die Waggons mit Kostbarkeiten gefüllt, um im Exil ein Leben in Luxus und Schwelgereien zu führen. Nichts davon stimmte, die Königsfamilie besaß nichts und nach ihrer Hochzeit mußten König Michael und Königin Anna unter schwierigen Bedingungen ihren Lebensunterhalt verdienen, zuerst mit einem Hühnerhof in Hertfordshire, dann als Testpilot in der Schweiz und Börsenmakler in den USA. Rumänien hatte am 28. Februar 1948 den gesamten Besitz der Königsfamilie beschlagnahmt und ihr die rumänische Staatsangehörigkeit aberkannt.

Ihre fünf Töchter zogen König Michael und Königin Anna in der Schweiz groß. Nur in größter Diskretion wirkte der ins Exil geschickte Monarch für die Befreiung Rumäniens. Im Gegensatz zu anderen Königen außerhalb ihres angestammten Landes kamen aus seinem Sekretariat keine Deklarationen oder Grußbotschaften. König Umberto von Italien traf mit Abordnungen von italienischen Monarchisten zusammen und König Simeon II. der Bulgaren ließ Weißbücher über die Lage in Bulgarien veröffentlichen, aber König Michael beantwortete über sein Büro briefliche Anfragen höflich, doch auch nichtssagend.

König Michael und Kronprinzessin Margareta bei der Rückkehr nach Rumänien am 3. März 1997

So kam es recht überraschend, daß nach der Befreiung Osteuropas 1989 der König als einer der ersten Exilmonarchen versuchte, in seine Heimat zurückzukehren. Am 25. Dezember 1990 wollte er Weihnachten in der Heimat verbringen, doch die Regierung im postkommunistischen Rumänien verweigerte ihm die Einreise. Er wurde im Flughafen festgehalten und nach einigen Stunden zurückgeschickt in die Schweiz. Auch ein zweiter Einreiseversuch mißlang. Zum Osterfest 1992 flog er mit einem 24-Stunden-Visum nach Bukarest, mehr als eine Million Menschen begrüßte den König und die ihn begleitenden Mitglieder der Familie. Der Regierung waren dies zuviele, so daß weitere Besuche nicht gestattet wurden. Erst ein Regierungswechsel brachte die Wende. 1996 durfte die Angehörigen des Königshauses zurückkehren und 2001 stellte ihm die Regierung eine Residenz und Personal zur Verfügung. Anläßlich seines 90. Geburtstags sprach er zum ersten Mal nach 60 Jahren wieder im rumänischen Parlament.

Seine Nachfolge hat König Michael bereits 2007 geregelt. Kronprinzessin Margareta hat sich seit Jahrzehnten darauf vorbereitet, die Aufgabe als Oberhaupt des Königshauses mit allen Rechten und Pflichten zu übernehmen. Sie wird in den nächsten Tagen die Trauerfeiern für ihren Vater leiten und damit demonstrieren, daß sie die schwierige Nachfolge antreten kann.

In Monarchie ist es guter Brauch, nach dem Tod des Monarchen zu rufen: Der König ist tot! Es lebe die Königin!