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Des öfteren wird uns die Frage gestellt wird, wer bei der Einführung der Monarchie deutsches Staatsoberhaupt wäre. Deswegen möchte sich die Corona einmal mit der Thronfolge im Hause Hohenzollern befassen. Da die preußischen Könige aus dem Haus Hohenzollern die letzten Herrscher waren, die über die Deutschen regierten, ist für die meisten deutschen Monarchisten der Chef des Hauses Hohenzollern gleichzeitig deutscher Thronprätendent. Chef des Hauses ist wiederum gegenwärtig Seine Königliche Hoheit Prinz Georg Friedrich von Preußen.

Während die Thronfolge in Monarchien meist in der Verfassung festgelegt ist (Ausnahme ist Luxemburg, wo Großherzog Henri im September 2010 eine neue Thronfolgeregel per Dekret festlegte), wird in den vormals regierenden Königshäusern die Thronfolge über ein Hausgesetz geregelt. Bei den Hohenzollern wurde dieses Gesetz zuletzt am 21. Juni 1920 schriftlich festgehalten. Für die Gültigkeit des Gesetzes bedurfte es übrigens der Zustimmung der Beteiligten. Anders als in vielen anderen Herrscherhäusern in Europa, die ihre Thronfolgeregelungen in jüngerer Vergangenheit modifiziert haben, gilt dabei die salische Erbrecht, was bedeutet, daß der erstgeborene männliche Nachfahre später einmal die Krone erbt. Der Begriff „salisch“ kommt von den Saliern, einem Kaisergeschlecht, welches zum ersten Mal schriftlich Thronfolgeregelungen umfassend definiert hat. Bevor es mit der Nachfolge soweit ist, können die Erbansprüche jedoch auch eingebüßt werden, zum Beispiel durch Fehlverhalten. Als Fehlverhalten kann dabei auch eine morganatische Ehe interpretiert werden, die ohne Zustimmung des Familienoberhaupts geschlossen wird. Das kann auch das bedeuten, was früher eine Ehe außerhalb des eigenen Standes genannt wurde.

Prinz Louis Ferdinand von Preußen und Großfürstin Kira heirateten drei Mal: Standesamtlich, evangelisch und russisch-orthodox.

Prinz Louis Ferdinand von Preußen und Großfürstin Kira heirateten drei Mal: Standesamtlich, evangelisch und russisch-orthodox.

Friedrich Wilhelm von Preußen (* 2. Februar 1939), der erste Sohn von Prinz Louis Ferdinand (1907-1994) und Prinzessin Kira von Preußen (1909-1967), verlor so seinen Status als Erbe, weil er ohne Zustimmung seines Vaters am 22. August 1967 eine Bürgerliche heiratete – am 19. September 1967 verzichtete er freiwillig auf die Thronfolge. Auch sein Vater, Prinz Louis Ferdinand, hatte übrigens eine längere Affäre mit einer amerikanischen Schauspielerin, entschied sich dann aber für das Königshaus und Großfürstin Kira Romanowa, die er 1938 ehelichte. Die Geschichte gab ihm diesbezüglich recht: Sein Sohn Friedrich Wilhelm ließ sich bereits 1975 wieder scheiden, die Ehe von Louis Ferdinand dagegen war bis zuletzt glücklich.

Im Hausgesetz wurde auch eine ganze Reihe anderer Dinge geregelt, zum Beispiel bezüglich der Frage, inwiefern sich ein Prinz politisch äußern darf, oder inwiefern er eine Vereinsmitgliedschaft ausüben darf. Hierüber entscheidet laut Hausgesetz in der Regel das Familienoberhaupt. Schließich werden im Gegenzug auch Apanagen, also Bezüge aus dem Familienvermögen geregelt. Letzteres bereitet dem aktuellen Hauschef immer wieder Probleme, da durch die unrechtmäßige Enteignung des Besitzes der Hohenzollern in Ostdeutschland keine Werte existieren, die genügend Rendite abwerfen, um ohne gelegentliche Veräußerung von Vermögen die vorgesehen Apanagen finanzieren zu können. Daher sah man das Haus Hohenzollern zum Beispiel in eben diesen ehemaligen Stammlanden, dem Brandenburgischen, auf eine Entschädigung für die Enteignung in der sowjetischen Besatzungszone pochen, die zwar moralisch und rechtlich mehr als gerechtfertigt ist, die jedoch bei der Bevölkerung dieses nach den Hohenzollern wieder arm gewordenen Landes nicht gut ankommt.

Friedrich Wilhelm von Preußen hat seine Entscheidung, eine Bürgerliche zu heiraten, nach dem Tod seines Vaters 1994 bereut und klagte gegen das Hausgesetz vor einem republikanischen Gericht, so daß der Fall letztlich beim Bundesverfassungsgericht landete, welches das Hausgesetz für gegenstandslos erklärte, da es die im Grundgesetz der Bundesrepublik vorgesehene Eheschließungsfreiheit verletze (Aktenzeichen: 1 BvR 2248/01, das Urteil kann auch bei der Corona_redaktion@yahoo.com bestellt werden). Ungefragt stellte es auch fest, daß eine Monarchie mit dem Grundgesetz nicht vereinbar sei. Wie viel Freiheit seine Ehe dem verbitterten Prinzen gebracht hat, hat man ja gesehen, und es ist natürlich nicht extra der Erwähnung wert, daß jedwedes Urteil eines Gerichtes der Bundesrepublik Deutschland, welches sich anmaßt, interne Regelungen des Königshauses infrage stellen zu wollen, wiederum für einen Monarchisten völlig gegenstandslos ist und sein muß.

Und in der Tat macht das Hausgesetz auch nach wie vor Sinn: Im Fernsehen und den Boulevardblättern wird man nicht müde zu betonen, daß die „Royals“ ganz normale Menschen wie du und ich seien. Nein, sind sie nicht. Denn wenn sie es wären, gäbe es tatsächlich keine Rechtfertigung mehr dafür, warum uns nicht ganz normale Menschen wie du und ich regieren, also eben die Wulffs, Köhler oder Gaucks, mit denen wir uns unglücklicherweise herumschlagen müssen. Vielmehr muß die besondere Stellung der Königshäuser betont werden. Man könnte diese besondere Stellung auch als Magie bezeichnen, und die Besonderheit eines Königs muss durchaus nicht nur auf rationalen Faktoren beruhen, sondern kann sich auch auf die Tradition und andere eher gefühlte Faktoren beziehen. Eine Möglichkeit, die besondere Stellung der Fürsten herauszustellen, ist dabei eben auch die Heiratspolitik. Wenn andere Königshäuser diese Möglichkeit nicht nutzen, ist es den Hohenzollern doch unbenommen, dies zu tun. Auch sollte das bescheidene und demütige Auftreten vieler Herrscher keinesfalls mit einer Verbrüderung mit allen anderen verwechselt werden.

Philip Kiril von Preußen, der Sohn des von seinen Ansprüchen zurückgetretenen Prinzen Friedrich Wilhelm, kritisierte jüngst das Hausgesetz, weil er gerade die Regelungen bezüglich der Ehe als antiquiert betrachtet, weil er selbst davon betroffen ist. Veraltet ist das Werk in seiner Gesamtheit keineswegs und wenn einzelne Punkte einer Neuregelung bedürfen, dann sind dies nicht die angesprochenen, sondern eher diejenigen, die die Apanagen betreffen, denn durch sie gehen den Hohenzollern jene Ressourcen nach und nach verloren, die sie für die Wiedererrichtung einer Monarchie sicher bräuchten. Generell jedoch gilt: Das Hausgesetz ist die Sache des Hauses.
L.R.

Nachtrag:

Interessanterweise hatte der Bundesgerichtshof 1998 genau gegenteilig geurteilt. In der Pressemeldung des Bundesgerichtshofs vom 17. Dezember 1998 (IV ZB 19/97) heißt es unter anderem:

Der Bundesgerichtshof hatte in einem Erbscheinverfahren über die Wirksamkeit der in einem Erbvertrag aus dem Jahre 1938 vorgesehenen Erbfolge im Hause Preußen zu entscheiden. Unter Beteiligung des früheren Kaisers Wilhelm II. hatte damals Wilhelm von Preußen, der ehemalige Kronprinz, seinen zweiten Sohn, Louis Ferdinand Prinz von Preußen, zum Vorerben eingesetzt. Louis Ferdinand ist 1994 gestorben. Nach dessen Tod sollte sein (1938 noch nicht geborener) ältester Sohn Nacherbe werden. Für den Fall, daß dieser den Tod des Louis Ferdinand nicht erleben würde, sollte an die Stelle des ältesten Sohnes dessen ältester männlicher Abkömmling treten; falls der Sohn keine männlichen Abkömmlinge hätte, sollten der nächstjüngere Bruder (beziehungsweise dessen Söhne an seiner Stelle) folgen. Von dieser Regelung der Nacherbfolge machte der Erbvertrag aber eine Ausnahme: Erbunfähig sollte derjenige Sohn oder Enkel des Vorerben sein, der nicht aus einer den Grundsätzen der alten Hausverfassung des Brandenburgisch-Preußischen Hauses entsprechenden Ehe stammte oder in einer nicht hausverfassungsmäßigen Ehe lebte (sogenannte Erbunfähigkeitsklausel).

Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hält die hier zu beurteilende Regelung der Erbfolge für wirksam. Verstöße gegen Grundrechte der Abkömmlinge in einer letztwilligen Verfügung können mit Rücksicht auf die in Art.14 Abs.1 Satz 1 GG geschützte Testierfreiheit des Erblassers nur in Ausnahmefällen dazu führen, daß die letztwillige Verfügung sittenwidrig und daher nichtig ist. Dies kann etwa in Betracht kommen, wenn ein schwerer Eingriff in den grundrechtlich gesicherten Bereich der Abkömmlinge vorliegt und die letztwillige Verfügung darauf abzielt, die Freiheit der Betroffenen in ihren höchstpersönlichen Entscheidungen zu beeinträchtigen oder sie in ihrer Menschenwürde herabzusetzen.

Der Bundesgerichtshof hat nicht feststellen können, daß die umstrittene Erbunfähigkeitsklausel den Zweck hätte, in die Auswahl eines bestimmten Ehepartners einzugreifen oder Kinder aus einer – nach den Anschauungen des Adels – nicht ebenbürtigen Ehe zu diffamieren. Vielmehr sollte für den von der Familientradition geprägten Nachlaß ein geeigneter Nachfolger gefunden werden. Ihn sah der Erblasser in demjenigen ältesten männlichen Abkömmling, der nach seiner Abstammung und – soweit er beim Tod des Vorerben überhaupt schon verheiratet war – durch seine Ehe die auf ihre Herkunft bedachte Familientradition repräsentierte. Ein solches Ziel ist von der Testierfreiheit gedeckt. Demgegenüber fällt die Beeinträchtigung der Grundrechte hier nicht so ins Gewicht, daß die Klausel sittenwidrig und daher nichtig wäre. Die berechtigten Belange der Abkömmlinge werden im Erbrecht schon durch das Pflichtteilsrecht gewahrt, das ihnen grundsätzlich die Hälfte des Nachlasses sichert.