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1967, 1973, 1974, griechische Königsfamilie, griechische Monarchie, Juli Melchior, König Konstantin II., König Konstantin II. der Hellenen, Königin Anne-Marie, Kronprinz Paul, Kronprinz Paul von Griechenland, ZDF
Im deutschen Fernsehen kommen die Mitglieder des griechischen Königshauses selten vor. Sowohl in den öffentlich-rechtlichen wie in den kommerziellen Kanälen spielen eher schwedische, dänische, spanische und natürlich britische „Royals“ eine Rolle. Da ist es löblich, wenn das ZDF König Konstantin II., seine Frau, Königin Anne Marie, und Kronprinz Paul zu Wort kommen läßt. Das Lob trifft aber eine Sendung, die an einem Sonntagabend um 23.30 im Sendeschema versteckt und dann auch noch als „ZDF-History“ verkauft wurde. Fast könnte die Idee aufkommen, das ZDF wolle gar nicht, daß die Sendung von allzuvielen Zuschauern verfolgt werde. Wer sie ob der späten Ausstrahlung verpaßte, für den steht sie in der Mediathek zum Ansehen bereit.
Der Kurzabriß der griechischen Monarchie – von König Otto I. aus dem Hause Wittelsbach bis zum aktuellen König – ist zeitbedingt nur ein schneller Überflug von 185 Jahren Geschichte. In Details konnte Julia Melchior, die für die Dokumentation verantwortlich ist, dabei nicht gehen. Auch die Eltern König Konstantins werden nur relativ kurz gestreift, aber immerhin sind einige Filmaufnahmen von König Paul I. und Königin Friederike zu sehen, die jeden Royalisten erfreuen.

Proklamation König Konstantins II. und Ablegung des Eids auf die Bibel und die griechische Verfassung 1964. Neben ihm steht seine Schwester Irene, die zu dem Zeitpunkt Kronprinzessin war.
Nach dem Tod König Pauls im März 1964 übernahm der erst 23-jährige Konstantin die Amtsgeschäfte. Ursprünglich kam er mit seinem Premierminister Georgios Papandreou gut zurecht, doch erschütterte 1965 der ASPIDA Skandal um den Sohn des Regierungschefs, Andreas Papandreou, die griechische Innenpolitik. Daß er beim ZDF nicht erwähnt wurde, ist bedauerlich, denn er steht zentral für die Auseinandersetzung zwischen König und Premierminister. Stattdessen übergab man das Wort dem hinzugezogenen griechischen Historiker George Mavrogordatos, der den Zwist sehr vereinfachend so darstellte: „Konstantin war gerade 24 und der Premierminister hätte vom Alter sein Großvater sein können. Es machte den Anschein als ob ein unreifer Junge eine angesehene Persönlichkeit schlecht behandelte. Damit wurde eine Krise losgetreten, die die Demokratie zerstörte.“ Und am Ende die Monarchie, möchte man anfügen, aber eine Erklärung der Ursachen war das nicht.

Den Verlauf des Referendums von 1974 mußten König und Königin in London verfolgen, weil ihnen Griechenland die Einreise verweigerte.
Der Militärputsch vom 21. April 1967 überraschte dennoch den König und er reagierte in dieser Situation nicht richtig. Abgeschnitten von seinen Beratern und der Außenwelt konnte er nicht vollbringen, was 1981 sein Schwager König Juan Carlos in Spanien tat. Ihm fehlten die Mittel, sich direkt an die Griechen zu wenden und dazu aufzurufen, dem Putsch Widerstand entgegenzusetzen. Auch daß ein royalistischer Putschversuch 1973 die Obristen bewog, die Monarchie abzuschaffen und sie sich diesen Schritt in einer Scheinvolksabstimmung bestätigen zu lassen, kam beim ZDF nicht vor. Das Referendum von 1974 war dem ZDF jedoch eine Erwähnung wert.
Über den gescheiterten Gegenputsch im Dezember 1967 und den Flug ins Exil wurde oft geschrieben und das Magazin stern titelte einst: „Der König putschte wie ein Anfänger.“ Dazu sagte der König im ZDF-Interview: „Ein König und seine altgedienten Generäle haben doch keine Ahnung, wie man einen Putsch macht. Ich jedenfalls wußte nicht, wie ein Putsch funktioniert.“

König Konstantin, Königin Anne-Marie mit Prinz Michael von Griechenland und Dänemark bei einer Wohltätigkeitsgala in Athen 2015.
Die ZDF-Dokumentation hat sich zu recht der interessanten Persönlichkeit Konstantins II. zugewandt und Julia Melchior (sie hatte schon im Juli 2012 das Haus Hohenzollern in der SWR/WDR-Dokumentation gekonnt vorgestellt) gebührt Dank für die faire Art, mit der sie ans Werk ging. Sie umging nicht die schwierige Lage für den König und ließ den griechischen Historiker George Mavrogordatos gleich zu Beginn sagen: „Im Griechenland von heute ist das Königtum ein Tabu. Es wird verteufelt.“ Sollte es in Deutschland ein Tabu gegeben haben, so durchbrach es Julia Melchior. Dafür sei ihr danke gesagt.
Danke für den Beitrag und den damit verbunden Hinweis über die Dokumentation. ich werde sie mir bei nächster Gelegenheit einmal ansehen. Interessant wären vor dem Hintergrund eher unbekannterer Königshäuser/Dynastien sicherlich auch die Königshäuser von Serbien/Jugoslawien und Rumänien. Über die weiß man ja heute auch relativ wenig.
Der Vorschlag ist gut. Eine Reportage über die Bragança in Portugal wäre sicherlich auch lohnend. Der gegenwärtige Prätendent ist Dom Duarte, Herzog von Bragança, sein Großvater diente im 1. Weltkrieg auf österreichischer Seite und schied 1917 aus, als Portugal den Mittelmächten den Krieg erklärte. Interessant auch, daß seine Tochter (und damit Dom Duartes Tante) Infanta Dona Maria Adelaide de Bragança van Uden erst 2012 starb. Sie war während des 2. Weltkriegs in Wien und war Mitglieder des österreichischen Widerstands gegen die Nazis. Bei Wikipedia heißt es: „She was part of the Nazi resistance movement, and the Gestapo sentenced her to death. The Portuguese President of the Council of Ministers, António de Oliveira Salazar intervened with the Germans, claiming that Infanta Maria Adelaide was a national heritage. This intervention of the Portuguese diplomacy resulted in the release and her immediate deportation.“ Sie hat übrigens keinen deutschen Wikipediaeintrag! Vielleicht schaut Julia Melchior ja mal hier vorbei und holt sich die eine oder andere Idee.
Naja, dass sie hier vorbei schaut glaube ich weniger. Aber man kann ja auch so Mails etc. an Person schreiben mit Vorschlägen etc.
Alternativ könnte man ja z.B. auch hier eine Reihe zu der Geschichte europäischer Königsfamilien in der Gegenwart machen. Also eben solcher die nicht mehr auf dem Thron sitzen.
Jedenfalls hat mir die Dokumentation sehr gut gefallen. Es war ein fairer und objektiver Blick auf die Königsfamilie und ihre Rolle in der Griechischen Geschichte.
Was mir aber aufjedenfall hängen geblieben ist, ist das König Konstantin II. nur bereit war/ist auf den Thron zurückzukehren, sofern das Griechische Volk dies ausdrücklich wünscht und dieser Wunsch muss frei sein. Damit zeigt er, dass er ein Diener des Griechischen Volkes ist. Und falls jemals in Deutschland die Frage kommen sollte ob man auch wieder eine Monarchie haben sollte oder nicht, so sollte dies auch durch den freien Willen des Deutschen Volkes geschehen. Und ich bin mir sicher, dass kein Anwärter auf den Deutschen Kaiserthron bereit wäre diesen Einzunehmen, ohne die demokratische Legitimation durch die Bürgerinnen und Bürger.
Wo ich mi etwas mehr Klarheit gewünscht hätte, wäre der Punkt das man zu Beginn meinte das die Monarchie heute in Griechenland eher verpönt sei, aber wenn man beispielsweise die Geschichte mit der Demonstration und der Frau am Telefon hört so scheint es als wäre die Königliche Familie gar nicht so verhasst.
Es ist unwahrscheinlich, zugegeben, daß Julia Melchior sich diesen Blog ansieht, aber nicht unmöglich, denn immerhin kam DRadio Wissen auf Corona zu, suchte und bekam einen Interviewpartner.
Eine Reihe mit Königen ohne Krone könnte man durchaus schreiben. Puh, das wird dann eine Fleißarbeit mit A wie Albanien bis V wie Vietnam (die Kaiserfamilie lebt in Frankreich) bzw. Z wie Zentralafrikanisches Kaiserreich (wenn man das als legitimes Gebilde aus den 1970er Jahren ansehen will).
Richtig an der Dokumentation war, daß König Konstantin den Mehrheitswillen ausdrücklich anerkennt. Das ist in Deutschland ja auch der Fall. Was die Hellenische Republik jedoch sofort in ihre Verfassung schrieb, war das Verbot, die Staatsform zu ändern. Monarchie sind da liberaler und lassen Diskussionen um die Staatsformänderung zu, das haben die zickenhaften Republiken oft genug nicht erlaubt. Es ist in Griechenland deshalb schwierig, für die monarchische Staatsform einzutreten, ganz abgesehen davon, daß die oft straffrei agierenden Anarchistengruppen auf Gegner einprügeln, Häuser anzünden und schaufensterzertrümmernd durch die Straßen ziehen. Da gehört schon einiger Mut dazu, eine monarchistische Partei zu gründen. (Siehe Corona 142)
Was die Verpöntheit des griechischen Königshauses angeht, genügt ein Blick auf Kommentare unter YouTube-Filmen über das Königtum. Aber auch in Corona gab es einen Geschmack von dieser Ablehnungsfront (siehe Kommentar unter König Konstantin II. im ZDF-Interview)
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